Die Entstehung des Heimathaus Zehntscheuer

Im Jahr 2004 fiel die Entscheidung, die ehemalige Zehntscheuer zum Heimathaus sowie zum Domizil des Freundeskreis Heimatgeschichte auszubauen.

2004

In der ersten öffentlichen Sitzung des Freundeskreises, am 30.09.2004, im Sitzungssaal des Rathauses wird das Restaurierungsvorhaben der Zehntscheuer vorgestellt.

Im Jahr 1730 wurde die ursprüngliche Zehntscheuer errichtet und 1809 erweitert. Da darüber keine Planungsunterlagen vorhanden waren, musste alles ausgemessen werden.


Die Zehntscheuer vor Beginn der Arbeiten 2004_03 Die Scheuneneinfahrt vom Garten aus gesehen 2004_04

2005

Ähnliche Objekte in der Umgebung werden besichtigt und in mehreren Sitzungen Planungsdetails besprochen und Listen der notwendigen Arbeiten und möglichen Helfern erstellt.

Der erste Arbeitseinsatz findet am 07.05.2005 mit 12 Helfern statt und wird an jedem zweiten Samstag fortgeführt.

Mitarbeiter des Bauhofs unterstützen die Ausräumarbeiten und Entrümpelung. Über 30 Bauschuttcontainer werden so gefüllt.

Das Küchenteam und Bäcker Lang stärken die Arbeitseinsätze des Freundeskreises.

Über 12.000 Biberschwanzziegel von alten Gebäuden in Linkenheim werden dem Projekt zur Verfügung gestellt. Über 20 Helfer holen sie vom Dach, zählen und bündeln die Ziegel.


Abbau von Biberschwanz-Ziegeln von einer alten Scheune 2005_01 Auskoffern des Bodens im Stall (heute Heizungsraum) 2005_02

2006

Der gesamte Dachstuhl, wird mit über 130 Stahlstützen unterfangen und abgestützt, so dass die schadhaften Schwellen entnommen werden können. Die 60 cm breiten Außenmauern werden ca. 30 cm abgetragen und mit einem stahlarmierten Betonauflager versehen. Um Kältebrücken zu vermeiden, werden diese Betonauflager entsprechend wärmegedämmt.

Um ein sicheres Arbeiten in der Zehntscheuer zu gewährleisten, belegen wir die neuen Deckenbalken vollflächig mit Maurerdielen, die uns eine örtliche Baufirma zur Verfügung stellt. Da alle Treppen abgetragen sind, werden wir für Monate die Stockwerke nur über Leitern erreichen können.

Örtliche Dachdeckerfirma stellt uns fünf Mitarbeiter für einen Arbeitstag zur Verfügung, gemeinsam wird der größte Teil der 350 qm großen Dachfläche mit Dachlatten versehen.

Die seitlichen Anschlüsse der Gauben und die Abdichtung an die Nachbargebäude erfolgen mit rechtwinklig abgekanteten Kupferblechen, den sogenannten „Nocken“. Fast 400 Stück dieser Bauteile werden in Eigenarbeit angefertigt und beim Eindecken des Daches verarbeitet.

Im Dezember ist es endlich soweit: Die enorme Energieleistung der Zehntscheuer-Helfer war notwendig, um die Eindeckung der Dachfläche zu bewerkstelligen. Mehr als 12.000 Biberschwanzziegel mussten vom Bauhof im „Gründel“ herbeigeschafft, umgeladen, mit dem Baukran nach oben transportiert und auf ihre endgültige Position verlegt werden. Zeitweise sind über 20 Helfer auf dem Dach im Einsatz, um die Dachfläche von ca. 350 qm mit den Ziegeln einzudecken.

Der schadhafte Boden im „Stall“ wird abgeräumt, neue Wasser- und Abwasserrohre verlegt und der Boden für die zukünftige Nutzung als Sanitärräume neu betoniert.

Durch eine neue Holzdecke über dem Stall entsteht ein fast 40 qm großer Lagerraum für Gerätschaften und im Obergeschoss vergrößert sich die Nutzfläche auf insgesamt 195 qm. Dieser Raum ist der Größte im zukünftigen Heimathaus und wird für vielerlei Aktivitäten zu Verfügung stehen.

Die Grundlage der Böden im Ober- und Dachgeschoss ist eine 40mm starke Nut- und Feder-Bohlenbeplankung, die fast komplett in Eigenarbeit verlegt wird. Nach der Verlegung dieser Bohlen ist ein gefahrloses Arbeiten auf allen Geschossen gewährleistet.

Am 18.11.2006 wird das 1. Schlachtfest der Helferschar in der vorbildlich eingerichteten Scheune veranstaltet. Es werden über 300 Dosen „Hausmacher“ hergestellt und damit die Versorgung der Helfer während der Arbeitseinsätze in der Zehntscheuer sichergestellt.


Dacheindeckung mit den alten Biberschwänzen 2006_02 Scheiarakeller im Urzustand 2006_05

2007

Die Trennwände im Sanitärbereich werden gezogen und die Türöffnungen für WC, Garderobe und Technikraum durchgebrochen. Die kalten Winde in den ersten Monaten des Jahres 2007 machen es notwendig, auch kleinere Öffnungen, wie im Schwellenbereich an den Traufseiten, zu isolieren und auszumauern.

Eine schwierige und gefährliche Arbeit ist der Austausch der alten und stark in Mitleidenschaft gezogenen Fenstergewänder aus Buntsandstein. Die bis zu 120 kg schweren Gewandteile müssen von Hand eingesetzt, ausgerichtet und befestigt werden.

Der Holzboden im Erdgeschoss ist uneben, hat verschiedene Höhen und ist in einem schlechten Zustand. Der gesamte Boden wird ausgebaut und durch einen Betonboden ersetzt. Die Fundamente für die Treppe ins Obergeschoss werden besonders verstärkt. Durch die begrenzten Zugangsmöglichkeiten ist der Einsatz eines Kranwagens nicht möglich.

Im Sanitärbereich um die Fenstergewänder und am Ostgiebel werden erste Verputzarbeiten durchgeführt.

Im Dachgeschoss wird eine starke Bohlendecke mit Betonfundament eingebaut; dieses Fundament trägt später das Kernstück der Lüftungsanlage mit 75 % Wärmerückgewinnung.

Insgesamt 24 Fenster sind in der Zehntscheuer einzubauen. Wie vor dies vor 200 Jahren üblich war in der Farbe Weiß, zusätzlich mit einem hochwertigen Wärmeschutzglas.

Der Gewölbekeller ist das einzige Bauteil in der Zehntscheuer, das die Jahrhunderte ohne jeglichen Schaden überstanden hat. Im Zweiten Weltkrieg hatte man in den 4 x 8m großen Kellerraum eine 40 Zentimeter starke Backsteinmauer eingezogen und den vorderen Teil als Luftschutzkeller benutzt. Durch den Abbruch dieser Mauer steht der Kellerraum nun wieder in seiner vollen Größe zur Verfügung.

Der offizielle Terminkalender weist 24 Arbeitseinsätze auf. Durch zahlreiche Sonderschichten und Zusatzeinsätze sind es aber exakt 50 Tage, die in der Zehntscheuer gearbeitet wurde. Der letzte Arbeitseinsatz in diesem Jahr wird bereits zur Mittagszeit beendet, den Nachmittag verbringen wir gemeinsam unter dem Christbaum, singen Weihnachtslieder mit Gitarrenbegleitung und lassen das Arbeitsjahr Revue passieren.


Einbau eines zusätzlichen Fensters Straßenseite 2007_01 Einbau Versorgungsleitungen 2007_03

2008

Die Montage und Inbetriebnahme der Wärmepumpe und des Speichers erfolgt durch eine Fachfirma, die Verlegung des Rohrnetzes und die Montage der Heizkörper erfolgt in Eigenarbeit.

Die Treppe ins Dachgeschoss ist eine alte steile Blockbohlentreppe aus dem Jahre 1730, sie stammt von einem Abbruchgebäude aus Helmsheim im Kraichgau.

Die Lüftungsanlage mit hoher Wärmerückgewinnungsrate erfolgt unter fachlicher Anleitung weitgehend in Eigenarbeit.

Der schlechte Zustand des Fachwerks im Einfahrtsbereich macht einen Komplettaustausch notwendig. Die Ausfachung erfolgt nicht mehr wie vorher mit Mauerwerk, sondern mit Wärmedämmglas, das von pulverbeschichteten Winkelrahmen gehalten wird. Die Lichtverhältnisse im Einfahrtsbereich und im Erdgeschoss werden dadurch entscheidend verbessert.

Die neue große Metalltreppe zwischen Foyer und 1. OG wurde in Stahlbauausführung eingesetzt. Dadurch konnten auch die Arbeiten zur Dämmung des Bodens im OG Ausgeführt werden

Durch einen Zeitzeugen, der in diesem Haus, der früheren Zehntscheuer, geboren wurde, wurden wir informiert, dass im Einfahrtsbereich neben der Treppe ein Brunnen war, der nach Einführung der Wasserleitung Anfang der fünfziger Jahre zugeschüttet wurde. Dieser Brunnen wird wieder komplett freigelegt und wieder aufgebaut.


Einbau Wärmedämmung 1. OG 2008_01 Kraft tanken 2008_05

2009

Der Innenausbau geht weiter. Viele Details sind notwendig, um dem Ziel der Fertigstellung näher zu kommen. Alles Alte zu erhalten, was erhaltenswert und möglich ist.

Alte Sparren und Balken, die wurmstichig sind, aber im Kernholz gesund sind, werden selbstverständlich erhalten. Da der Holzwurm nur in den „Splint“, die zu Lebzeiten wasserführende Schicht des Baumes geht, muss dieser entfernt und das Kernholz freigelegt werden. Dann wird das Holz gebürstet, so dass die Maserung und die Jahresringe sichtbar werden. Mit einer farblosen Lasur ohne Lösungsmittel werden die alten Hölzer eingelassen, es ergibt sich ein rötlich brauner Ton. Die neu eingesetzten Hölzer werden ebenfalls in Faserrichtung gebürstet, so dass die Holzmaserung sichtbar wird. Die Lasierung erfolgt mit einem Farbton, der dem Farbton der alten Hölzer möglichst nahe kommt. Oberflächen der Innenseiten der Dachfläche Um die Holzflächen nicht dominieren zu lassen, wurde entschieden die Oberflächen mit Rigipsplatten zu verkleiden, die alle Farben der Gestaltung zulassen. Wir haben uns geeinigt diese Flächen weiß zu halten und nur die Fensteröffnungen mit einem Farbrahmen in zarten Farben aufzulockern. Diese Arbeiten wurden von Manfred Becker mit seinen Mannen in hervorragender Weise durchgeführt.


Ausbau Obergeschoss. Elektroinstallation und Balkensanierung 2009_02 Einbau der Treppe zum Dachgeschoss 2009_03

2010

Die Treppe zum Kellergewölbe (Scheirekeller) wurde neu erstellt. Die Eichenbohlen als Bodenbeläge für alle Geschosse wurden in dieser Zeit verlegt. Sandsteine als Bodenbeläge für den Eingangs- und Einfahrbereich konnten in hartem Körpereinsatz fertiggestellt werden. Bei den Fußböden haben uns entschlossen einen massiven Eichenboden in rustikaler, das heißt mit starker Struktur und eingewachsenen Ästen zu verwenden, um die großen Flächen lebendiger zu machen. Dieser Parkettboden wird im Erdgeschoss und im Obergeschoss in Eigenarbeit verlegt und verdeckt auf die Nut- und Federspanplatten verschraubt. Er wird mit Leinölfirnis geölt und nach der Trocknung poliert.Im Scheierekeller haben wir nach dem Einbau einer neuen Betontreppe und der Neupflasterung des Fußbodens 3 massive Holztische mit Bänken für ca. 30 Sitzplätze geschaffen; diese werden wir nach Abschluss der Restaurierung zu einem monatlichen Treffen der ehemaligen Helfer nutzen. Dieser Gewölbekeller ist ein sehr wunderschöner Platz im Heimathaus.


Weihnachtsfeier der Helfer 2010_06 Schließung des alten Kelleraufgangs 2010_12

2011

Die Außenanlage hinter dem Gebäude wurde dient für die Festnutzung und Ausstellung der Grenzsteinsammlung. Die Erschließungsverkabelung wurde abgeschlossen. Scheire Keller wird hergerichtet; dazu werden Decke und Wände gereinigt, Boden neu verlegt. Neue Tore (Haupteingang und Garten) sind eingesetzt. Türen im Sanitärbereich Bei einem Besuch von einigen Helfern im Baltikum konnten wir in einem Kloster einige schöne Türen in rustikaler Eiche entdecken und mit der Fotokamera festhalten. Wir haben nach diesen Vorlagen die bereits vorhandenen Türen mit Eichenholz von Herbert Reinacher verkleidet und einen sehr wohlgefälligen Eintruck erreicht.



Der Eingangsbereich wird zur Plasterung vorbereitet 2011_01 Sandstrahlarbeiten Kellergewölbe 2011_02

2012

Der Gartenbereich wurde unter Mithilfe des Bauhofes mit Verbundsteinen belegt und ein 3x4m großes Gartenhaus als Geräteschuppen erstellt. Die Küche im Erdgeschoss wurde von der Gemeinde die komplette Einrichtung bestellt und von der Lieferfirma installiert Im Oktober wurde dann die fertiggestellte Zehntscheuer mit einer Ausstellung "Unser täglich Brot" an die Gemeinde übergeben.



Plattenverlegung Eingangsbereich 2012_02 Fertigstellung Oktober 2012 2012_02